SG H2Ku Herrenberg startet interessantes Crowdfunding-Projekt
Auf Initiative der Oberligaspieler Alexander Zürn und Nicolas Rhotert beginnt die Aktion heute. Diese ist nicht nur eine reine Spendensammlung, denn auf die Gönner warten zudem einige attraktive Prämien. Am Ende sollen 30 000 Euro zusammenkommen.
Artikel vom 29. Juni 2020 – 08:45
Von Peter Gebhardt
HERRENBERG. Der Sport insgesamt blickt noch immer in eine ungewisse Zukunft. Gerade der semiprofessionelle Bereich kann zurzeit kaum weitreichende Entscheidungen treffen. Dies liegt einerseits an den Auflagen im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie, die ein geregeltes Training gerade im Handballsport noch nicht zulassen. Auf der anderen Seite gibt es aber auch noch den wirtschaftlichen Aspekt. In Zeiten, in denen viele Firmen ums Überleben kämpfen, ist die Zuwendung der Sponsoren nicht unbedingt selbstverständlich.
Wohl überall machen sich deshalb Vereinsfunktionäre ihre Gedanken, wie sie ihre gesteckten Etatziele am besten erreichen können. Mitten in diesen Überlegungen, in denen auch die Herrenberger Handball-Spielgemeinschaft H2Ku steckt, traten nun mit Nicolas Rhotert und Alexander Zürn ausgerechnet zwei Aktive auf den Plan. Die beiden Spieler der Oberligamannschaft gingen mit einer Idee auf Vorstandssprecher Jan Rhotert zu, deren Ursprung zwar schon länger bekannt ist, aber im Sportbereich bisher eher selten zu finden war.
Das Motto lautet: „Meine Region! Mein Verein! Oben bleiben!“
Mit einer Crowdfunding-Aktion sollen finanzielle Mittel generiert werden, die den Handball bei der SG H2Ku Herrenberg auch in den jetzigen schwierigen Zeiten auf hohem Niveau sichern sollen. Dabei steht der Begriff Crowdfunding am ehesten für eine Gruppenfinanzierung, bei der sich möglichst viele Menschen für ein Projekt finanziell engagieren. Da bei der Konstellation Vater-Sohn die Wege bei den Rhoterts besonders kurz sind, wurde die Idee schnell vorangetrieben. Jan Rhotert selbst legt dabei besonders viel Wert darauf, zu betonen, dass die Initiative ausschließlich von beiden Spielern ausging.
Am heutigen Montag startet die Aktion unter dem Motto „Meine Region! Mein Verein! Oben bleiben!“. Sie soll am Ende 30 000 Euro einspielen. Auf der Internetseite des externen Dienstleisters Fairplaid wird das Projekt vorgestellt, verwaltet, und es wird zum Einkauf eingeladen. Denn das Crowdfunding ist beileibe keine reine Spendensammlung. Jeder soll einen Gegenwert, sprich eine Prämie, für sein Engagement erhalten. Und dieser Gegenwert hat es wahrlich in sich. Über handfeste Prämien wie von den Rhein Neckar Löwen signierte Trikots der Nationalspieler Steffen Fäth und Andreas Palicka oder VIP-Tickets für den VfB Stuttgart reicht die Palette zum Beispiel bis hin zu einem einzigartigen Blick hinter die Kulissen der H2Ku-Frauen-Zweitliga-mannschaft inklusive Platz auf der Auswechselbank bei einem Punktspiel. Etwa 100 dieser Prämien – im großen als auch im etwas kleineren Stil – haben die Verantwortlichen zusammengetragen. Das allein zeigt schon, wieviel Arbeit in dem Projekt steckt. Arbeit, die natürlich im Vorfeld nicht von Alexander Zürn und Nicolas Rhotert allein gestemmt werden konnte. Und so begann die Suche nach Helfern.
„Es war toll, zu sehen, dass wir in kürzester Zeit ein schlagkräftiges Team mit zwölf Mitgliedern aus allen Gremien und Teams des Vereins gewinnen konnten“, so Rechtsaußen Zürn. Dieser Kern ging in die Teams der SG H2Ku, sprach Sponsoren an und suchte auch anderswo Unterstützung. Letztlich war die Resonanz überwältigend. „Wir sind mit dem Projekt an die Mannschaften herangetreten. Alle Vorschläge kamen dann von den Teams selber“, freut sich Torwart Nicolas Rhotert. Etwa die Hälfte der Prämien kam so zusammen. Von Personaltraining mit Oberliga-Coach Fabian Gerstlauer bis zur Gartenarbeit und Erntehilfe ist (fast) alles dabei. Den anderen Prämienteil steuerten derweil Firmen bei. Kein einfaches Unterfangen, sollte man meinen. Umso erfreuter war Jan Rhotert auch hier über die Resonanz: „Die Idee des Crowdfunding kam bei den meisten Firmen und Sponsoren hervorragend an. Gerade die Dienstleistungsbranche hat uns mit Gutscheinen und Aktionen unterstützt, von denen sowohl der Verein als auch der Sponsor selbst profitiert“, erklärt der Vorstandssprecher. Auch drei Jahresabos für das E-Paper der Kreiszeitung Böblinger Bote sind so dabei.
Volle acht Wochen hatte es dann von der ersten Idee bis heute gedauert. Einen Zeitraum, den auch das Handballerduo intensiv erlebt hat. „Wir hatten schon damit gerechnet, dass es viel Arbeit wird“, waren sich beide der Herausforderung bereits vorher bewusst. Dabei hätten es Zürn und Rhotert durchaus etwas einfacher haben können – nämlich indem sie die Aktion auf das Oberligateam beschränken.
Volle acht Wochen von der ersten Idee bis zum Start des Projekts
Die Frage danach lässt bei den Spielern aber fast schon Verwunderung aufkommen. „Für uns war von Beginn an klar, dass wir den ganzen Verein unterstützen wollen“, betont Nicolas Rhotert, der neben der Arbeit am Crowdfunding-Projekt mitten in den Abschlussprüfungen zum Finanzassistenten steckt. „Nur wenn der ganze Verein gesund ist, können wir als Mannschaft leben“, ergänzt der 25-jährige Alexander Zürn.
Bei beiden ist neben der Aufregung vor dem Start vor allem auch Vorfreude zu spüren. „Wir sind sehr optimistisch, dass wir den angestrebten Betrag komplett erreichen werden“, sagt Torhüter Rhotert. Optimismus sollte auch vonnöten sein, denn eines ist schon jetzt klar: Das Projekt steht unter dem Motto „Alles oder Nichts“. Das heißt im Klartext, dass es das gesammelte Geld nur gibt, wenn die 30 000 Euro auch erreicht werden. Wenn nicht, gilt das Projekt als gescheitert, und alle Unterstützer bekommen ihr Geld zurück. Das ist jedoch ein normales Prozedere im Crowdfunding.
Allerdings ist bei dieser Art der Finanzierung die Aussicht auf Erfolg auch größer als bei einer reinen Spendenaktion. An ein Scheitern verschwendet aber weder Nicolas Rhotert noch Alexander Zürn einen Gedanken. Zürn, als Projektleiter im Onlineshop eines Baustoffgroßhändlers auch beruflich stark eingespannt, ist sich sicher, dass sich der Aufwand in der Freizeit am Ende auszahlen wird. „Ich sehe uns optimal vorbereitet und auch bei den Prämien sehr gut aufgestellt“.
Und was sagt der Verein über seine umtriebigen Spieler? Vorstandssprecher Jan Rhotert hat da mehr als nur einen Blickwinkel: „Natürlich freuen wir uns über die Initiative der Spieler, Geld für die SG H2Ku zu erwirtschaften. Wir haben als Verein aber auch den Auftrag, junge Menschen zu fördern und zu formen. Deshalb macht mich die ganze Crowdfunding-Aktion mit dem Engagement der Sportler sehr stolz.“ Stolz wäre er sicher auch in vier Wochen, wenn auf der Internetseite des Crowdfunding-Projekts stehen würde: 100 Prozent erreicht.