Spieler der SG H2Ku Herrenberg verzichten auf ihre Gehälter
Artikel vom 06. April 2020
Von Peter Gebhardt
HERRENBERG. Auch um den Sport in Herrenberg macht die Corona-Krise keinen Bogen. Und so musste man sich bei der SG H2Ku Herrenberg, dem sportlichen Aushängeschild der Stadt, Gedanken machen, wie die bei den Handballfrauen für beendet erklärte und bei den Männern vorerst unterbrochene Runde mit einer schwarzen Null zu Ende gebracht werden kann.
Es ist weniger als zwei Wochen her, da meldete sich Katja Rhotert mit alarmierenden Zahlen. Die Geschäftsführerin der SG H2Ku Herrenberg Handball GmbH wies auf die unausweichliche finanzielle Schieflage hin, die dem Frauen- und auch Männerteam bevorstand. „Mit den ausgefallenen Heimspielen und den noch offenen Sponsoreneingängen droht uns ein Minus im mittleren fünfstelligen Euro-Bereich“, mahnte sie.
Es folgten Beratungen mit den sportlichen Leitern Ingo Janoch (Frauen) sowie Hansi Böhm und Tobias Barthold (Männer) und dem SG-Vorstand Michael Christ als Bindeglied zwischen dem Gesamtverein und der im vergangenen Jahr davon abgetrennten GmbH. Eine mögliche Lösung war genauso einfach wie zugleich unangenehm. Die Personalkosten beider Mannschaften machen etwa 80 Prozent des Etats aus – das Potenzial zur Einsparung liegt hier deutlich am höchsten. „Mit zwei Monaten Gehaltsverzicht bin ich optimistisch, dass wir die Saison finanziell zumindest einigermaßen solide beenden können“, so Katja Rhotert. Fest stand aber schon zu Beginn der Debatte, dass ein Gehaltsverzicht als wirksamste Methode „praktisch alternativlos“ sei.
Und so wurde die Notwendigkeit dieser Maßnahme in einer Videokonferenz unterbreitet und mit den Mannschaftsvertretern Kerstin Foth, Aylin Bok, Marie Beddies, Sascha Marquardt, Sandro Münch sowie Dominic Rose diskutiert. „Uns war wichtig, dass wir beide Teams zu gleichen Teilen einbinden. Kein Spieler, keine Spielerin oder Trainer sollten bevorzugt oder benachteiligt werden“, führt Katja Rhotert aus.
Schon in dieser ersten Videokonferenz war das Verständnis auf Aktivenseite deutlich. Nun, rund eine Woche später, konnte nach den folgenden Einzelgesprächen Vollzug gemeldet werden: Ausnahmslos alle Spielerinnen und Spieler verzichten auf ihre Zuwendungen für März und April. Erleichtert, aber auch bestätigt in ihrem Vorgehen zeigten sich dann auch die jeweiligen sportlichen Leiter. „Das war ein ganz starkes Zeichen. Ich bin richtig stolz auf meine Mädels“, so Ingo Janoch. Für den sportlichen Leiter der Zweitliga-Frauen zeige sich einmal mehr, „was für eine gute Truppe wir sind“.
Einige Spielerinnen und Spieler haben keine weiteren Einkünfte
Dass die Zugeständnisse der Spielerinnen auch persönliche Einschnitte mit sich bringen, zeigen einige Beispiele. So hat Kreisläuferin Stefanie Schöneberg als Studentin keine weitere Einnahmequelle. Sie unterstützt derzeit in Norddeutschland ihre Eltern und verdient sich nebenher ein kleines Zubrot. Ähnlich Lea Neubrander, die momentan ein Freiwilliges Soziales Jahr absolviert und daher mit eher kleineren Bezügen auskommen muss. Und auch das gibt es: Bei Laura Waldenmaier hilft derzeit ein Mietnachlass vom Vermieter, der für die Torhüterin praktisch Gold wert ist. Auch Kerstin Foth selbst hat als Studentin keine weiteren Einkünfte. „Ich werde momentan von meiner Familie super unterstützt“, freut sich die 22-Jährige. Die Spielführerin der Kuties betont aber gleichzeitig: „Für uns als Mannschaft war dies eine Selbstverständlichkeit. Das Wichtigste ist, dass wir zur neuen Saison überhaupt wieder Handball auf diesem Niveau spielen können.“
Ähnlich stellt sich die Lage bei den Oberliga-Männern der SG H2Ku Herrenberg dar. Auch hier ziehen alle Spieler geschlossen mit. „Für uns stand dies von Beginn an außer Frage“, betont Sascha Marquardt. „Es geht in der jetzigen Situation schließlich um den Fortbestand unserer super Truppe“, verweist der Kapitän auf eine emotionale Seite der getroffenen Maßnahme. Wie bei den Zweitliga-Frauen stehen auch im Männerteam einige vor finanziellen Herausforderungen. Sandro Münch und Marvin Heinz haben als Studenten keine weiteren Einkünfte. Und auch andere Spieler sehen sich von Kurzarbeit bedroht oder sind schon davon betroffen. Umso mehr freut sich Hansi Böhm über die geschlossene Haltung seines Teams: „Das zeigt, dass unsere Mannschaft nicht nur auf dem Spielfeld als Einheit auftritt“, sagt der sportliche Leiter mit deutlicher Genugtuung in der Stimme. Dass sich an der Aktion auch die Trainer Mike Leibssle (Frauen) und Fabian Gerstlauer (Männer) beteiligen, beweist auch deren Verbundenheit mit ihrem Verein.
„Die internen Hausaufgaben für diese Spielzeit haben wir damit erst einmal erledigt“, meint Katja Rhotert. Nun gilt es, die Aufmerksamkeit verstärkt auf das Umfeld der SG H2Ku zu richten. „Wir bauen auf unsere treuen Partner und Fans und werden alles tun, um unter diesen außergewöhnlichen Rahmenbedingungen gemeinsam eine positive Zukunft zu gestalten. Natürlich wissen wir auch, dass unsere Sponsoren genau wie wir mit der Corona-Krise vor besonderen Herausforderungen stehen.“